Jahresende


Der Jahresrückblick zeigt uns,
dass viele unserer geheimen Wünsche
 sich nicht erfüllten,
aber wir dennoch reich beschenkt wurden.
Zu selten denken wir daran,
dass es nicht selbstverständlich ist,
unsere Lieben um uns scharen zu können,
in Frieden und Freiheit zu leben,
ein Dach über dem Kopf
und das tägliche Brot zu haben.
Schicken wir unsere guten Wünsche darum 
zu den Menschen,
denen diese wunderbaren Werte 
nicht vergönnt sind. 


Im Rad der Zeit





Wer dreht für mich das Rad der Zeit,
wer lässt mein Leben so schnell fliegen?
Mein Weg durch  die Unendlichkeit
wird Raum und Stunden einst besiegen?

Geboren aus der Ewigkeit
entstanden in dem Staub der Sterne,
gefallen in das Erdenkleid.
Das Wissen liegt in weiter Ferne.

Wir laufen in dem Rad der Zeit,
und fragen, was wird sie uns bringen.
Für Jeden steht ein Licht bereit,
solang wir um  Erkenntnis ringen.

floravonbistram
1986



Nebellieder



Nebellieder will ich tanzen
Schleier um die Schultern tragen
Licht in meine Haare flechten
winterweiß die Tage singen

Schnee und Kälte freudig trotzen
ofenwarm in meinem Haus
Flocken kussheiß schmelzen lassen
lippendurstig Haut an Haut

floravonbistram 1968



Glück in Farben



Lass uns das Glück in Farben tauchen
mit Küssen regenbogenbunt 
Die Freude rot in Wolken schreiben
uns  lieben samtigwarm und weich

Will Sehnsucht in den Sand eingraben
mit dir gemeinsam Hand in Hand
Vetrauen wie ein Zelt aufbauen
und glauben an Beständigkeit

floravonbistram 1986



Ich gehe an den Fluss


Ich geh durch die Stadt
fühle Singen und Klingen,
denn ich will heut hinaus an den Fluss.

Die Hochhäuser hatten
in starrenden Reihen 
die Sicht mir verbaut
für Bilder, die mir froher Gruß.

Die Füße wolln tanzen,
der Mund möchte rufen,
ich gehe hinaus an den Fluss.
Dort wo die Weiden,
noch sonnengold schimmern
mich nickend empfangen, 
sich neigen zum zärtlichen Kuss.

Mein Herz voller Sehnsucht
nach Wiesen und Wasser
es zieht mich hinaus an den Fluss,
treibt mich stetig vorwärts -
durch Straßengewirre
voll Hupen und Quietschen...
doch plötzlich ist damit dann Schluss.

Das Tal mit den Farben,
gesprenkelt und leuchtend,
begrüßt mich hier draußen am Fluss.
Und das Herz wird mir weit 
und die Seele so leicht 
fliegt im Gold - Sonnenschein,
die in der Stadt darben muss.

Flora von Bistram
Köln 1969




Sonnenaufgang




Ich wünsche mir ...




Wie gern würd' ich noch einmal barfuß laufen

durch Wiesen rund um den See,

von Hügeln mich rollen, mit Schlammwasser taufen,

den Engel drücken in Schnee.


Ach könnt' ich mal wieder die Fluten durchreiten,

wie einstmals am Ederfluss,

um Murmeln mich mit den Freunden fast streiten,

erleben den ersten Kuss.


Mit Händen am Ufer Forellen einfangen,

will schreien, so laut, wie ich mag,

den Titel des obersten Häuptlings erlangen

für einen Gold- Ferientag.


Ich möchte von Herzen gern Ziegen hüten,

die Blaubeeren suchen im Wald,

mit Tantchen die bunten Pastillen eintüten

und lauschen, wie's Echo dumpf hallt.


Wie früher würd' ich die Kaulquappen zählen,

auch wenn es doch niemals gelingt,

bei Oma eng kuscheln und Hefte auswählen,

die zu Hause verboten mir sind.


Ach könnte ich über die Zäune springen,

Maikäfer sammeln im Glas,

die Bäume erklettern und voller Kraft singen,

oder einfach nur liegen im Gras.


Ich sitze jetzt hier, seh den Wolken still nach,

und fühle mich wunderlich frei.

Ganz leise klingt noch das Erinnerungslied -

Es war einmal und nun ist es vorbei.



floravonbistram1989


Du



In brechendes Silber,
getauchte Nacht
das Rauschen der Brandung,
klirrende Macht.
Frostmond umhüllt sich
mit milchigem Schein.
In Nächten wie diesen
hüllst du mich warm ein.


Floravonbistram 2000



Noch ein Wort des Dankes






Das Leben ist für mich ein Geschenk,
ein Geschenk, das Ihr mir immer wieder macht,
denn Ihr zeigt mir, dass Ihr mich wahrnehmt,
dass mein Denken und Schreiben Euch berührt
oder wenigstens innehalten lässt.

Das ist so viel, dass ich mir wünsche,
dass ich auch genügend Zeit aufbringe,
um dieses Geschenk weiterzugeben,
weiterzugeben auch an Jene,
die sonst Niemanden haben,
der sieht, hört, versteht, berührt.


floravonbistram


Unser Herbst am Meer




Mit dir lebe ich
das Schweigen der leeren Strände
und wir fühlen uns umarmt
vom rotgoldenen Horizont

Wir verfolgen still
den verwischenden Nebel
und sehen noch die Farbenspiele
so bunt sie der Sommer trieb

Uns bewegt
das Verstummen der Laute
friedvoller Übergang des Jahres
und die Stille leuchtet in uns


floravonbistram 2001


Weben der Zeit

Die Erinnerungen bilden ein Netz
im Weben der Zeit


Abschied am Meer



Diese wunderbaren Momente
setzen warme Schatten
und Horizont zerfließ in mildem Licht.
Herbsalzig schleicht sich das Meer
in mein Bewusstsein,
mischt sich unter die üppigen
Düfte der Reife.
Mein Herz folgt
dem Flug der grauen Schar
und die Dünen wandern
unter meiner fühlenden Hand.


floravonbistram 2000





Todesnachricht




Es wurde so dunkel trotz Sonne im Tag
der Himmel verhängte sich grau
es deckte die Erde mit Asche das Grün
die Farbe der Bäume verschwand.

Der Vögel Gesänge verklangen im Wald
die Nachricht trug gellenden Hall
sie ließ meine Seele schmerzblutend zurück
und Tränen gerannen zu Stein



floravonbistram



Lebensherbst


Singend erlebe ich die Frühlingssonne,
die mich aus dem Kindsein erweckt.
Ich trage den Sommer in mir,
der den Septemberglanz
in meine Haare sprenkelt,
doch der weit wogende Schleier
lässt die Winterbraut schon ahnen.

Erloschen sind die Farben,
die die Augen lebendig hielten.
Weiß tauche ich in das Ende der Zeit,
den Schluss des Wandels.

Und doch höre ich immer noch
die Stimmen der Natur,
rieche die himmlischen Düfte,
fühle voller Verlangen
die Süße der vergangenen Lieben
auf meinen Lippen, meiner Haut.
Berührungen der Vergangenheit
hüllen mich ein.

floravonbistram





Herbstgedicht 4


Farbtöpfe der Natur

In die Farbtöpfe der Natur
griffst du großzügig
mit beiden Händen,
lachend, mischend,
um weiche Töne zu locken.
.
Dann, voller Übermut
schütteltest du deine Hände
und der springende Wind
trug die Spritzer
über Berge und Täler.

Farben, uns umschmeichelnd,
die das Auge verwöhnen,
satt, schwer und doch
so sehr verzaubernd
in der reifen Vielfalt.

Glitzernde Tropfen in Zweigen,
schimmernde Seide
gesponnen im Gras,
der Ruf der Wildgänse,
ausklingender Sommer, Herbst.


floravonbistram




Herbstgedicht 3


Tanzen in den Wipfelkronen

In den Ästen will ich schwingen,
tanzen mit den Wipfelkronen.
Möchte in den Blättern wohnen,
hell das Herbstlied für sie singen.

Mit den Augen will ich trinken
diese Farben - voll Erstaunen
hören, wie sie leise raunen,
wenn sie sanft zur Erde sinken.

Voller Andacht will ich schweigen,
wenn sie leuchtend bunt sich drehen
und von ihrem Baum wegwehen,
mich vor dieser Pracht verneigen.


floravonbistram 2002




Herbstgedicht 2


Ach, nimm mich mit

Nebelfrauen tanzen,
werden verschlungen
von gierigen Sonnenlippen,
die Horizont und Natur durch ihren Kuss
in rotgoldenen Farbenrausch tauchen.

Lass mich taumeln und tanzen mit dir
zum Lied des Windes.
Herbstverliebt, buntes Blatt,
schwebst du ohne mich weiter
und mir bleibt die Sehnsucht.

Floravonbistram 1998



Herbstgedicht 1


Farbenbunt

Voller Freude will ich laufen
durch den Park der Herrlichkeiten,
der mir alle Jahreszeiten
Farben zeigt, die nicht zu kaufen.

Wenn der Wind die  Wipfelkronen
kraftvoll greift und fröhlich rüttelt,
bis die Blätter abgeschüttelt
möcht` ich in den Zweigen wohnen.

Mit den Blättern will ich fliegen
durch die Welt der bunten Farben,
über Fluss und Berg und Graben,
mich in letzter Sonne wiegen.

Wenn die letzten Strahlen sprühen,
Abschied nehmen ohne Kummer,
denn nach langem Winterschlummer
wird das Leben neu erblühen.



Flora von Bistram



Du gingst ganz still



Du gingst ganz still
mit einem Lächeln im Gesicht,
das den Regen innehalten ließ,
und es erstrahlte ein Regenbogen.

Als der Hoffnungsbogen verblasste,
kam der Vogel Seelenfrieden.
Er trug dich auf sanften Winden
weit über die Welten.

Sanft setzte er dich
am Rande der Zeit
in die Tore des Lichtes.
Du tratest hinein
und fühltest dich geborgen.

Ich habe deinen Namen
in den Wind gerufen,
nun wird er ihn weitertragen
durch die Sphären
und er wird ihn singen
in seinem Lied für die Sterne.

So wird das Erinnern an dich
als Melodie
durch die Ewigkeiten schwingen.
Dein Tod ist die Grenze deines Lebens,
aber nicht das Ende der Liebe.



floravonbistram1976







Schenkt den Kindern Seifenblasen


Schenkt den Kindern Seifenblasen,
lehrt sie wieder Träume kennen,
Bälle werfen auf den Straßen
oder um die Wette rennen.

Senkt in Augen frohes Strahlen,
dass die Herzen Freude lernen,
Bomben , die die Seelen stahlen,
müssen wir ganz schnell entkernen.

Freiheit, Gleichheit, satter Bauch
sollte doch für Alle gelten,
dann erst zieht das Lachen auch
in die allerärmsten Welten.

Allen Menschen sollte offen-
stehn ein leichtes, freies Leben,
so könn'n auch die Kinder hoffen,
Liebe fröhlich weitergeben.

FloravonBistram2008



Wünsche


Ich wünsche dir eine Hand,
die dich immer dann führt,
wenn du nicht mehr weißt,
wohin du gehen sollst,
eine Schulter zum Anlehnen,
wenn du allein nicht stehen kannst,
ein offenes Ohr, das hinhört,
wenn du mit jemandem reden musst.

Ich wünsche dir
ein Lachen, das dich empor hebt,
wenn du in einem Meer
von Tränen untergehst,
zwei starke Arme,
die dich schützend halten,
wenn du vor jedem Schritt
durch das Leben Angst hast.

Ich wünsche dir
ein Herz, das dir leuchten kann,
wenn du kein Licht mehr siehst,
Worte, die dich trösten,
wenn du durch Seelenqualen gehst,
dein Leben dir sinnlos erscheint,
du unendlich traurig
und ohne Hoffnung bist.


Ich wünsche dir
einen Menschen,
der dich so liebt wie du bist,
und den du auf deine
besondere Art lieben darfst,
denn dann erfüllt sich
deine tiefste Sehnsucht.



Flora von Bistram 1987



Tugend



Tugendhaftigkeit verspottet 

groben Sinnes mancher Mann, 

damit zeigt er, welchen Arten 

er doch nur entspringen kann, 

  

denn wer Gutes nicht mehr achtet, 

der ist selbst nicht ehrenwert 

und er zeigt, dass er dem Dunkel 

Zutritt in sein Herz nicht wehrt, 

  

sondern Schmutz, Gewürm und Abgrund 

die Umgebung für ihn ward, 

weil die Sauberkeit ihn ärgert 

und all das, was klar und zart. 

  

Tugend aber bleibt bestehen, 

auch, wenn keiner sie mehr will, 

denn sie wirkt aus and'ren Höhen 

beinah unbemerkt und still. 

  

Wer nach Anschluss hat Verlangen, 

recke sich zum Licht empor, 

dann wird ihm auch Kraft gespendet, 

Dunkel schiebt sich nicht davor, 

  

denn wer sucht, mit Herz zu hören, 

hat sein Innres aufgetan, 

das ruft dann die guten Geister 

ihm zur Hilfe auf den Plan. 


floravonbistram 1988