Es gibt Tage, da will mir die Atmung versagen,
an denen die Beine mich nicht wollen tragen,
an denen die geliebte Sonne nur Schmerzen bringt
und mein Wald sein Lied für mich vergeblich singt.
Wenn die Endlichkeit meiner Zeit mich bedrückt,
die Wirklichkeit im Schmerze fast völlig erstickt,
dann bringt Musik mich dem Himmel ganz nah,
ich biet ihm dann gern wieder ein Lächeln dar
und zwinge mich, den kranken Körper zu erheben,
denn noch, ja noch bin ich ja am Leben
und es bringt nichts, wenn ich mich verkrieche,
zum Kummer Aller so still nur hinsieche.
So richte ich mich auf mit neuer Kraft
und denke, so Vieles hab ich schon geschafft,
nur weil ich es auch unbedingt so wollte,
auch wenn ich dem Schicksal mitunter sehr grollte.
Ich werde kämpfen, so lange ich kann,
noch komme ich gegen den Krankheitsverlauf an.
Will singen und lachen den Schmerz einfach hinaus
und lasse ihn möglichst nicht mehr ins Haus.
Dann scheint mir die Sonne auch wieder hell,
der Vögel Lieder erreichen mich - schnell
geht der Blick zu dem Wäldchen hinauf-
Dank Himmel - ich bin wieder gut drauf.
Die Welt ist voller Freude,
voll Blütenduft und Licht,
voll Leben und voll Liebe,
ja seht ihr das denn nicht?
Vergnügt könnten wir leben
und wirklich glücklich schaun
auf Heute und auf Morgen,
dem Übermorgen traun,
wenn wir nicht Ausschau hielten,
nach dem was trüb und grau
und was der andre wieder
bös eingefädelt schlau.
Gewiss, um uns zu schaden.
Ach, dächten wir nicht so-
wir müssten nicht verzagen
und wären stetig froh.
Wenn wir statt dessen sagten,
es ist ihm selbst nicht gut,
dann könnt er freundlich bleiben
und schöpfte auch noch Mut.
Ob mit, ob ohne Sonne,
dann wäre heller Tag
an dem man sich und andre
und ringsum alles mag.
Himmel und Meer Umfasset mich, Wellen des Meeres. Kühlet die Hitze meiner Leidenschaft, spült die heißen Tränen der Enttäuschung, mildert das pochende Verlangen meiner Lenden.
Tragt mich, Schwestern des Ungestüms. Haltet mich fest im Traum des ewigen Fließens. Werft mich nicht an das Land der Erkenntnis, der bitteren Einsicht und der dunklen Vorwürfe.
Großes Wasser, geliebte Mutter des Seins gib ab von deiner Macht und trage mich empor im lustvollen Auf und Ab deiner kraftvollen Arme, dahin gleitend, prickelnd wie die Schaumkronen.
In deinem Spiegel schaue ich den Himmel. Erkenne mich selbst in dem Veränderlichen, in dem Hell und Dunkel, dem Hoch und dem Tief. Danke Meer, danke Himmel, ich fand zu mir.
Himmel und Erde
Für einen Blick
legte ich dir eine Welt zu Füßen,
für ein Lächeln
schenkte ich dir einen Himmel,
für einen Kuss –
ich weiß wirklich nicht,
was ich dir gäbe für einen Kuss,
Ganz still sitzt sie da, unter ihr die grün wogenden Bäume, hinab reichend bis zu den satten Wiesen, die vom Inn abgeschnitten werden, wie Streichholzschachteln verteilt die einzelnen Gehöfte, Hütten, Schober und Häuser, das weite Tal, das an der anderen Uferseite sich langsam wieder hebt, steiler wird und wie ein Spiegelbild fast die Diesseitigkeit wiedergibt.
Über den Kronen der in den wärmsten Grüntönen grüßenden Schützern des Tales dann hoch in den Himmel ragende Felsen, sonnenbeschienen, mit Mützchen von Wolken oder mit einem grau wabernden Schal umwogt.
Zerklüftet, aber auch mitunter glatt wie ein Spiegel wirkend.
Sie hält das Gesicht in die wärmende Sonne und lauscht den Glocken der Kühe, die weit und doch verhalten von einer nahen Alm herüberschallen, beruhigend, einschläfernd, wie auch das Summen der Bienen, Hummeln, Fliegen und Käfer.
Das Knacken im Geäst, das muntere Hüpfen des kleinen Gebirgsbaches, der dem Durstigen so wunderbar kühl Erfrischung gibt, der samtweiche Teppich, voller duftender, wohlschmeckender Pflanzen, die der Städter nie kostete, und der wunderbare Gesang der Vögel, hier und da durchbrochen von einem Warnruf des Eichelhähers, erfüllen den ganzen Körper, betanken das Gefühl mit Wonne und gleichzeitig mit Leichtigkeit. Sorgen fallen ab, der Himmel weitet sich.
Die Augen fallen ihr zu, noch nehmen die sich sanft bewegenden Nasenflügel den Duft auf, satt, würzig und frisch.
Dankbarkeit umflutet sie, Staunen über dieses so wunderbare Meisterwerk Natur.
Ich komme wieder, geliebter Karwendel.
Flora von Bistram 2002
Tirol 2
Ein
Schleier liegt über dem Tal. Tief hängen die Wolken. Eng wirkt die Welt und bedrückend. Es ist noch
nicht hell geworden, zu hoch sind die Berge rundum.
Die
vier Menschen, die sich auf schmalen Pfaden bewegen, haben dafür fast keinen
Blick. Jede Faser ihrer Konzentration richtet sich auf den Weg, auf die
Steigung. Kaum ein Wort fällt. Ab und zu eine Hand, die sich dem reicht, der
einen kleinen Halt benötigt.
Einzelne
Vogelstimmen durchdringen den erwachenden Morgen und geben dem Grau ein wenig
Helle. Dies spiegelt sich auch gleich auf den Gesichtern der Steigenden.
Suchende Blicke schweifen nun ab und zu in Richtung der Lieder, die die Natur
ihnen bietet.
„Wir
halten hier an und trinken etwas!“ Jupp, der Führer hebt die Hand, denn sie
sind an einer kleinen Quelle angelangt.
Abwechselnd
trinken die Wanderer. Eiskalt und
sprudelnd springt das Wasser in die aufgehaltenen Hände und schlürfend wird es
voller Genuss getrunken.
„Da
verzichte ich doch auf jede andere Gesellschaft, auf Sekt und Buffet!“ Der
Musiker lacht die junge Frau an. Sie schüttelt den Pferdeschwanz und lacht
zurück.
„Das
ist mir noch nie wichtig gewesen, das weißt du. Mir ist am wohlsten, wenn ich
mich draußen bewegen kann.“
„Kommt
weiter, wir haben noch ein Stück vor uns.“ Auch Achim hat getrunken und will
voran.
Der Weg
wird schmaler, teilweise kaum erkennbar. Würzige Luft umgibt sie und macht das
Atmen immer wieder zum Erlebnis.
Und
dann…plötzlich wird es hell, die Sonne ist über die Wolkendecke gestiegen,
taucht alles in ein strahlend funkelndes Märchenlicht, denn Stein, Baum und
Pflanzen am Boden hängen noch voller kleinster und größerer Tropfen, die sich
nun glitzernd den Augen darbieten.
Alle
verharren in stiller Andacht, so intensiv ist immer wieder das Erleben hier
oben in den Tiroler Bergen. Atemberaubende Fernsicht und zu Füßen nur die
Ahnung des Tals, noch begraben unter den Wolkenbergen, die sich wabernd weiter
schieben und in ihrem langsamen Farbwechsel und der Verflüchtigung an den
Ränder auf einen Durchbruch der Sonne hoffen lassen.
Wie
nötig für die Bewohner dort unten, die schon seit Tage besseres Wetter
ersehnen.
Die
kleine Gruppe genießt wie so oft schon ihre Gemeinsamkeit, die Anstrengung. Das
Ziel ist nur eine Wegmarke, der Aufstieg ist das, was das Blut, den Körper,
jede Faser des Gefühlsin Wallung
bringt.
Es
werden Glücksgefühle freigesetzt, die eine absolute innere Zufriedenheit
vermitteln.